Erster HIV-Selbsttest ohne Blutentnahme für Deutschland zugelassen

© DAH | Bild: Steffen Taubert

Immer mehr HIV-Selbsttests werden zugelassen. Der Neue in der HIV-Selbsttest-Landschaft ist der Oraquick HIV-Selbsttest. Im Gegensatz zu den anderen bisher gelisteten Selbsttests läuft er nicht über eine Kapillarblutprobe aus der Fingerbeere, sondern über einen Abstrich des Zahnfleisches. Was taugt der neue Test?

Wie die anderen HIV-Selbsttests ist der neue Test ein qualitativer Nachweis von HIV-1- und HIV-2-Antikörpern. Grundsätzlich kann man sagen, dass der Test verlässlich und empfehlenswert ist. Das für HIV-Selbsttests zuständige Paul-Ehrlich-Institut (PEI) hat den Test jetzt auch auf seiner Seite gelistet. Weltweit ist der Oraquick schon lange als Selbsttest in Benutzung. In Deutschland war er bisher nur als Schnelltest durch qualifizierte Fachkräfte zugelassen.

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Auch beim Oraquick gilt ein diagnostisches Fenster von zwölf Wochen. Zwei Studien mit insgesamt 900 Teilnehmenden geben eine Sensitivität von 99,3% und eine Spezifität von 99,4% an (Majam et al. 2021, S. 4). Die eingeschränkte Sensitivität in der Studie kommt durch ein falsch negatives Ergebnis zustande, das ein Ablesefehler war. Laut firmeneigener Studie gibt Oraquick selbst eine Sensitivität von 100 % und eine Spezifität von 99,8% an.

Vor dem Abstrich gilt: 30 Minuten lang kein Essen, keine Getränke, keine Zigaretten. Das könnte für einige Nutzer*innen eine Einschränkung sein. Wer in den letzten 30 Minuten vor dem Besuch bei Checkpoint/Aidshilfe/Testberatung gegessen, getrunken oder geraucht hat, müsste gegebenenfalls erst einmal eine halbe Stunde warten, bis der Oraquick HIV-Selbsttest durchgeführt werden kann (z.B. beim assistierten Selbsttest). Das gilt natürlich auch für die Oraquick Schnelltests auf HIV und HCV, die weitestgehend baugleich mit dem HIV-Selbsttest von Oraquick sind. Für Menschen mit schlechtem Zahnstatus ist der Test womöglich auch nicht das Richtige, weil ihnen ihr Zahnstatus unangenehm sein könnte oder der Abstrich sogar Schmerzen bereitet.

Kurzes Fazit: Der Oraquick Selbsttest ist völlig in Ordnung, aber wahrscheinlich kein „Gamechanger“ in der HIV-Selbsttest Landschaft. Gleichwohl kann der Test für Menschen, für die die Kapillarblutabnahme schwierig ist, sicherlich eine gute Alternative sein.

Zugelassene HIV-Selbsttests

Das Paul-Ehrlich Institut (PEI) ist verantwortlich für die Überwachung der HIV-Selbsttests in Deutschland und listet die CE-zertifizierten in Deutschland zugelassenen Produkte (https://www.pei.de/DE/newsroom/hiv-selbsttests/hiv-selbsttests-inhalt.html;jsessionid=7A355E0E753405A91CA2D9E62F9C0C4F.intranet211) . Zudem ist das PEI die Anlaufstelle für auftretende Probleme mit den Tests. Auf der Seite IVD-Vigilanz (In-Vitro-Diagnostika Überwachung) sollten Probleme oder Unregelmäßigkeiten, die in der Anwendung auftreten, gemeldet werden. Auf der DAH Seite spiegeln wir die vom Paul-Ehrlich-Institut genannten CE-zertifizierten und zugelassenen Selbsttests, die in Deutschland erhältlich sind.

Hier die vom PEI gelisteten HIV-Selbsttests:

  • Autotest VIH
    Hersteller: AAZ-LMB
  • Biosure HIV Self Test
    Hersteller: Biosure (Anmerkung zum Biosure HIV Self Test: In D bisher nicht erhältlich deshalb nicht gespiegelt auf der DAH Selbsttestseite.)
  • Exacto Pro HIV
    Hersteller: Biosynex
  • INSTI HIV Self-Test
    Hersteller: bioLytical
  • OraQuick HIV-Selbsttest
    Hersteller: OraSure Technologies, Inc.
  • Simplitude ByMe HIV-Selbsttest
    Vertrieb: Owen Mumford

Carlo Kantwerk

Literaturverzeichnis

Majam, Mohammed; Fischer, Alex E.; Rhagnath, Naleni; Msolomba, Vanessa; Venter, Willem D.F.; Mazzola, Laura; Lalla-Edward, Samanta T. (2021): Performance assessment of four HIV self-test devices in South Africa. A cross-sectional study. In: S. Afr. J. Sci 117 (1/2). DOI: 10.17159/sajs.2021/7738.