Drug-Checking! Das Positionspapier 2022

Substanzkonsum
© DAH | Bild: Renata Chueire

Das neue Positionspapier „Drug-Checking. Regulierungs- und Förderbedarfe“ ist da. Helen Ramseier hat es für das Fachportal Beratung zusammengefasst.

Das Positionspapier wurde von den Organisationen akzept e.V. Bundesverband für akzeptierende Drogenarbeit und humane Drogenpolitik, Deutsche Aidshilfe, Schildower Kreis, Netzwerk Junkies, Ehemalige und Substituierte (JES) und SONICS Bundesverband für Safer Nightlife zusammengetragen. In dem Positionspapier wird über die Notwendigkeit und die Nutzungs- und Umsetzungsmöglichkeiten von Drug-Checking aufgeklärt und rechtliche Regelungsbedarfe und -möglichkeiten diskutiert. Ebenso werden konkrete Vorschläge zur Förderung von Drug-Checking durch Politik und Verwaltung gemacht. Dabei richtet es sich insbesondere an den Drogenbeauftragten der Bundesregierung und die Fraktionen von Bundestag und Landtagen, aber auch an die interessierte Fachöffentlichkeit.

Es tritt im Kern dafür ein, Menschen, die illegalisierte psychoaktive Substanzen gebrauchen, möglichst flächendeckend und niedrigschwellig Zugang zu einem qualifizierten Drug-Checking zu ermöglichen. 

DAH / Urs Gamsavar

Drug-Checking bezeichnet dabei eine Strategie der Schadensminimierung, der Intervention sowie der Gesundheitsförderung und Suchtprävention für Gebraucher*innen psychoaktiver Substanzen, deren Herstellung und Vertrieb staatlich nicht reguliert werden. Es setzt sich aus zwei grundlegenden Komponenten zusammen: der chemischen Analyse von Proben psychoaktiver Substanzen und der fachlich versierten, mit einer Risikoeinschätzung verbundenen Rückmeldung des Testergebnisses an die Substanzgebraucher*innen. Studien konnten nachweisen, dass Drug-Checking keineswegs – wie oftmals vermutet – konsumfördernd wirkt, sondern im Gegenteil tendenziell zu einem vorsichtigeren Substanzkonsum beiträgt. Auf diese Weise stellt es bereits einen wichtigen Baustein eines ausdifferenzierten Suchthilfesystems und einer modernen Drogenpolitik in vielen anderen Ländern der EU dar.

In Deutschland haben Gebraucher*innen illegalisierter Substanzen bislang jedoch keine Möglichkeit diese zu prüfen…

In Deutschland haben Gebraucher*innen illegalisierter Substanzen bislang jedoch keine Möglichkeit diese zu prüfen, wobei die Verbotspolitik nicht nur zu einer dramatischen Deregulierung der Märkte psychoaktiver Substanzen führt, sondern auch zu einer massiven und vermeidbaren Gesundheitsgefährdung der Gebraucher*innen. Dies wollen die herausgebenden Organisationen durch die gesetzliche Absicherung und Implementierung von praktikablen, qualitativ hochwertigen Drug-Checking-Angeboten in Deutschland ändern.

Damit setzen sie ihren Einsatz für die Anerkennung von Drogengebraucher*innen als vollwertige, autonome Mitglieder der Gesellschaft und deren Entscheidung zu Konsum und Rausch als legitime selbstbestimmte Handlung fort. Sie machen deutlich, dass bei der Durchsetzung von Drug-Checking in Deutschland nicht nur die Schaffung gesetzlicher Voraussetzungen durch den Bundesgesetzgeber sichergestellt sein muss, sondern auch Drogengebraucher*innen in allen Regionen Deutschlands von Drug-Checking profitieren können. Dabie müssen insbesondere auch Angebote für die von Drogennot- und -todesfällen am stärksten gefährdeten Drogengebraucher*innen geschaffen werden.

Begleitend sei ein Monitoring im Sinne einer kontinuierlichen Beobachtung des nicht regulierten Marktes für psychoaktive Substanzen unerlässlich. Dabei wird zeitabhängig analysiert, welche Substanzen in welcher Qualität in einer bestimmten Region verfügbar sind. Hierdurch können neue Konsumtrends frühzeitig erkannt und an die Drogengebraucher*innen rückgemeldet werden. So wird für diese ein Minimum an Orientierung über Entwicklungen auf den nicht regulierten Märkten und ein Bewusstsein für die Risiken des Drogenkonsums unter unregulierten Bedingungen erzeugt und damit der Prozess beim Erlernen von Konsumkompetenz unterstützt. Zusätzlich können schadensminimierende Maßnahmen, Prävention und Hilfen optimiert und den aktuellen Entwicklungen angepasst werden.

Das Positionspapier erörtert und diskutiert neben den aussagekräftigen Gründen für und den wichtigen Zielen von Drug-Checking ausführlich die notwendigen Umsetzungsschritte für eine erfolgreiche Implementierung auf Bundes- und Länderebene.

Das Positionspapier erörtert und diskutiert neben den aussagekräftigen Gründen für und den wichtigen Zielen von Drug-Checking ausführlich die notwendigen Umsetzungsschritte für eine erfolgreiche Implementierung auf Bundes- und Länderebene. Es wird in Bezug auf die gesetzliche Regulierung auf die zwei Gerichtsentscheidungen und mehrere Rechtsgutachten aufmerksam gemacht, die feststellten, dass Drug-Checking-Angebote unter bestimmten Bedingungen legal durchführbar sind und nicht unter die Strafbarkeit gemäß des BtMG fallen. Denn in der aktuellen Situation setzen sich Personen, die dies anbieten, vorgeblich dem Verdacht aus, unerlaubterweise mit Betäubungsmitteln umzugehen oder aber Drogenkonsum zu bewerben und sich dadurch strafbar zu machen. Die herausgebenden Organisationen argumentieren darauf aufbauend präzise und nachvollziehbar, warum welche Paragraphen des BtMG verändert oder ergänzt, andere jedoch sinnvollerweise nicht angerührt werden sollten und was der betäubungsrechtliche Status der am Drug-Checking beteiligten Personen damit zu tun hat. Bund und Länder täten gut daran, sich diese Argumente endlich zu Herzen nehmen, die Forderungen des Positionspapiers umzusetzen und damit Drogengebraucher*innen zu einem selbstbestimmten und sicheren Drogenkonsum zu verhelfen.

Helen Ramseier

weitere Infos

Du willst mehr wissen? Das Positionspapier zum Thema Drug-Checking kann hier als pdf abgerufen werden.

Wer sich für aktuelle „Pillen-„Warnungen interessiert kann einen Blick auf die Seite der Schweizer Kolleg*innen werfen: Safer Party

 

Hier noch ein interessanter Videobeitrag von „TEAM UPWARD“

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