HPV-Infektionen – Aktuelles von Abstrich bis Impfung

Aktuell erreichen uns vermehrt Anfragen, wie Menschen beraten werden können, die einen HPV-Abstrich erhalten haben. Armin Schafberger, langjähriger Medizinreferent der Deutschen Aidshilfe, gibt uns einen Überblick über den aktuellen Wissensstand zu Prävalenz, Diagnostik, Therapie und Prävention.

privat
Armin Schafberger

Zusammenfassung

Humane Papillomaviren (HPV) infizieren die oberen Schichten (Epithelien) von Schleimhäuten und Haut. HPV-Infektionen gehören zu den häufigsten STI. Die allermeisten Infektionen verursachen keine Symptome und heilen aus. Einige der ca. 200 Genotypen jedoch können Feigwarzen, andere können Krebserkrankungen wie z.B. Gebärmutterhalskrebs oder Analkarzinome hervorrufen. Eine Impfung mit dem aktuell empfohlenen 9-fach-Impfstoff verhindert 90% der Feigwarzen- und 90–95% der durch HPV verursachten Krebserkrankungen. Als Früherkennung kann einerseits durch einen Abstrich festgestellt werden, ob der Erreger aktuell auf der Schleimhaut vorhanden ist und zu welchem Genotyp er gehört, andererseits kann durch den Papanicolaou-Test (kurz: Pap-Abstrich) ermittelt werden, ob und in welchem Stadium es in der HPV-infizierten Schleimhautzelle bereits zu Zellveränderungen, die als Vorstufen einer Krebserkrankung gelten, gekommen ist.

Was ist strittig?

Es gibt unterschiedliche Empfehlungen, bis zu welchem Alter und für wen eine Impfung noch sinnvoll und Leistung der gesetzlichen Krankenkasse ist.

Was ist neu?

Das GKV-finanzierte Gebärmutterhals-Screening beinhaltet seit dem Jahr 2020 für über 35-jährige Frauen nicht nur den „alten“ Pap-Test, sondern zusätzlich einen direkten HPV-Test. Damit gibt es „diskordante“ Paare – d.h. eine*r wurde HPV-positiv getestet und der*die andere nicht oder negativ getestet – mit entsprechenden Fragen in der Beratung.

HPV als sexuell übertragbare Infektion

HPV ist sexuell leicht übertragbar. Kondome und andere Barrieremethoden haben keinen messbaren Einfluss auf die Übertragung, da HPV z.B. auch über Hautschuppen übertragen wird. HPV-Infektionen des Genitals und des Anus sind daher bei allen sexuell aktiven Personen unabhängig vom Geschlecht weit verbreitet. Über oralen Sex sind auch Infektionen der Mundhöhle und des Rachens möglich.

Die ersten Infektionen sind meist schon kurz nach Aufnahme der sexuellen Aktivität nachweisbar. Über 90% aller Menschen infizieren sich mindestens einmal im Leben mit HPV, viele auch mehrfach oder/und mit mehreren Genotypen gleichzeitig.

Was ist HPV und welche Krankheiten lösen die Viren aus?

Einige Genotypen können Feigwarzen verursachen (v.a. die Genotypen 6 und 11), einige verursachen Karzinome (v.a. die Genotypen 16 und 18).

Humane Papillomaviren infizieren die oberen Schichten von Haut und Schleimhaut. Diese Schicht ist nicht durchblutet, die Immunzellen kommen so schlecht an den Ort der Infektion: das Immunsystem kann daher nur schlecht „trainiert“ werden. HPV-Infektionen sind somit langwierig. In den allermeisten Fällen macht die Infektion keine Symptome und heilt innerhalb von einigen Monaten aus. 10% der Infektionen dauern länger als 12 Monate und auch Infektionsdauern über 10 Jahre sind möglich. Je länger eine Infektion dauert, desto eher entstehen Zellveränderungen (Dysplasien) und schließlich Karzinome. Dieser Weg ist jedoch keine Einbahnstraße: Zu jeder Zeit kann eine Infektion von selbst ausheilen und zu jeder Zeit können sich auch Zellveränderungen wieder zurückbilden. Wenn sie sich nicht zurückbilden, kann sich über ein bis drei Jahrzehnte eine Krebserkrankung entwickeln.

Krebs kann verhindert werden

Weltweit sind 16% aller Krebserkrankungen infektionsbedingt, die Hälfte davon geht auf HPV zurück, die andere Hälfte z.B. auf das Hepatitis-B- und -C-Virus oder das Epstein-Barr-Virus.

Am deutlichsten ist der ursächliche Zusammenhang von HPV und Krebs beim Gebärmutterhalskarzinom. Fast alle (>99%) dieser Tumoren gehen auf eine HPV-Infektion zurück. Für Analkarzinome ist HPV zu über 85% die Ursache, bei Vaginalkarzinomen zu knapp 80% und bei Peniskarzinomen und Karzinomen der Mundhöhle und des Rachens bei knapp der Hälfte der Fälle.

Durch Vorsorgeuntersuchungen kann v.a. beim Gebärmutterhalskarzinom die Entwicklung von Krebs verhindert werden. Der beste Schutz jedoch ist die Impfung – die Impfung gegen HPV bedeutet auch eine Impfung gegen Krebs.

Analkarzinom und Screening bei MSM

Bei MSM finden sich in Untersuchungen in Europa und den USA häufig HPV: in einer niederländischen Studie waren bei 45% der HIV-negativen MSM anal HPV nachweisbar, bei Männern mit HIV zu 65%. Die meisten HIV-positiven MSM sind also mit HPV infiziert, ca. 30% haben in Zellen der Analschleimhaut Zellveränderungen, die als Krebs-Vorstufen gelten. Allerdings scheint sich nur aus einer von ca. 380 Vorstufen auch tatsächlich eine Krebserkrankung zu entwickeln. Die allermeisten Vorstufen bilden sichzurück.

Die Häufigkeit von Analkarzinomen ist bei HIV-positiven MSM erhöht, sie erkranken daran ca. 80-mal häufiger als der Bevölkerungsdurchschnitt. Trotzdem bleibt das Analkarzinom ein seltenes Ereignis: Jährlich erkranken ca. 700800 Männer in Deutschland an Analkarzinomen.

Die Häufigkeit von analem HPV und Analkarzinomen bei HIV-positiven MSM hat dazu geführt, dass Leitlinien zum Screening für HIV-positive Männer entwickelt wurden. Die Untersuchungen führen jedoch auch häufig zu Überdiagnostik und Übertherapie, z.B. zu vielleicht unnötigen chirurgischen Eingriffen. Die Abwägung von Nutzen und Schäden durch diese Screenings werden daher kontrovers diskutiert.

Änderung des Gebärmutterhalskrebs-Screenings

Für Frauen ab 35 Jahren gibt es seit 2020 eine Veränderung in der Screening-Empfehlung: zusätzlich zum Pap(anicolaou)-Test am Gebärmutterhals wird auch ein HPV-Test angeboten. Die Idee dahinter ist, dass damit die Untersuchung nicht mehr jedes Jahr, sondern nur noch alle drei Jahre durchgeführt werden muss. Werden HP-Viren festgestellt, die Krebs auslösen können, wird in Folge in kürzeren Abständen nachkontrolliert, ob die HPV-Infektion persistiert, d.h. fortbesteht, bzw. ob Zellveränderungen nachweisbar sind.

Bei jüngeren Frauen wird unter der Annahme, dass sie sexuell aktiver sind und HPV daher zu häufig festgestellt würde, initial kein HPV-Test empfohlen, um Fehlalarme, unnötige Verunsicherung und unnötige Folgeuntersuchungen zu vermeiden.

Bei über 35-jährigen Frauen kommt es durch die neue Empfehlung des gleichzeitigen HPV-Test nun öfter zu der Situation, dass selbst bei langjährig monogamen Frauen eine Geschlechtskrankheit nachgewiesen wird. Das ist bei den langen Persistenzen von HPV (z.T. über viele Jahre) durchaus möglich. Weiter stellt sich die Frage, ob und was zum Schutz der Partner*innen unternommen werden kann. Das Spektrum reicht von: „Nichts, da sowieso viele Menschen mit HPV infiziert sind“ bis zur Impfung der festen Partner*innen (obwohl sie wahrscheinlich schon Kontakt zu diesem HPV hatten). Kondome und andere Barrieremethoden schützen kaum vor HPV – diesbezüglich gibt es bei vielen Fachärzt*innen noch Unsicherheiten.

Impfung

Es gibt zwei Impfstoffe gegen HPV. Für sexuell aktive Erwachsene wird allgemein nur der 9-fach-Impfstoff (Gardasil-9®) empfohlen:

  • Cervarix®: Wirkt gegen Genotypen 16 und 18, die häufigsten Genotypen, die Krebs hervorrufen können. Der Impfstoff wirkt nicht gegen Feigwarzen.
  • Gardasil-9®: Wirkt neben 16 und 18 auch gegen weitere Krebs-verursachende Genotypen 31, 33, 45, 52 und 58 sowie gegen die beiden wichtigsten Feigwarzen hervorrufenden Genotypen 6 und 11. Das sind zwar „nur“ 9 von ca. 200 Genotypen. Aber es sind die Hauptübeltäter und damit deckt der Impfstoff über 90% aller Feigwarzen-und ca. 95% aller Krebs-Verursacher ab.

Die STIKO (Ständige Impfkommission beim Robert-Koch-Institut) empfiehlt die Impfung allen Kindern und Jugendlichen möglichst vor der Aufnahme sexueller Aktivität, also im Alter von 9 bis 14 Jahren bzw. spätestens im Alter von 17 Jahren. Wenn die STIKO eine Impfung empfiehlt, wird sie von der Krankenkasse bezahlt (Ausnahmen gibt es bei Reiseimpfungen und für Impfungen, die beruflich erforderlich sind. Hier zahlt man ggf. selbst bzw. der Arbeitgeber). Die STIKO schreibt, dass auch Ältere von der Impfung profitieren können und die Kostenübernahme dann individuell geklärt werden müsse (STIKO 2023).

Im Alter bis zu 15 Jahren reichen zwei Impfungen, ältere Jugendliche und Erwachsene benötigen laut STIKO drei Impfungen (0, 2, 6 Monate-Impfschema). Neuere Studien zeigen, dass zwei Impfungen im Abstand von 6 Monaten ausreichend sind – das ist v.a. für Selbstzahler*innen interessant.

Therapie der Krebsvorstufen und Feigwarzen

Die Therapie von Krebsvorstufen besteht darin, leichte Dysplasien (= Zellveränderungen) zu beobachten und zu kontrollieren und schwerere Dysplasien (vor allem chirurgisch) zu behandeln, um ein Fortschreiten zu einer Krebserkrankung zu verhindern.

Feigwarzen werden ebenfalls v.a. chirurgisch oder mit immunmodulatorischen Cremes entfernt. Ein Problem ist das spätere Wiederauftreten der Warzen.

Impfung als Therapie?

Der Nutzen der Impfung bei schon aufgetretenen Dysplasien ist wissenschaftlich noch nicht eindeutig belegt. Es gibt Hinweise, dass sich eine bereits bestehende Dysplasie durch die Impfung wieder zurückbilden kann und dass Rückfälle nach operativer Entfernung von Dysplasien bei zusätzlichem Einsatz der Impfung weniger häufig auftreten.

Die europäische AIDS-Gesellschaft (EACS) empfiehlt die Impfung in den Leitlinien 2023 erstmals auch zur sekundären Prophylaxe bei schon aufgetretenen schweren Dysplasien – mit dem Ziel der Rückbildung der Zellveränderung.

Warum soll die Impfung noch wirken, wenn die Erkrankung schon aufgetreten ist?

Die Impfung wird in den gut durchbluteten Muskel appliziert. Hier kommt das Immunsystem gut hin und es gibt eine deutlich stärkere Immunreaktion als es durch die natürliche HPV-Infektion der Fall ist, die sich in der oberen und schlecht bzw. nicht durchbluteten Schicht der Haut und Schleimhaut abspielt.

Können auch Ältere gegen HPV geimpft werden?

Ja. Allerdings nimmt der Nutzen der Impfung mit der Zahl der Sexualpartner*innen bzw. der Zahl der HPV-Genotypen, die bereits übertragen wurden, ab. Da die Impfung zu den am besten verträglichen Impfungen gehört, liegen bei der Nutzen-Schaden-Bewertung auf der negativen Seite hauptsächlich die Kosten, die ggf. selbst getragen werden müssen.

Kosten der Impfung

Bei ca. 170 Euro pro Spritze kostet ein regulärer Impfzyklus für Erwachsene über 500 Euro. Einige Krankenkassen übernehmen auf Antrag die Kosten, andere nicht. Zwei Impfungen im Abstand von 6 Monaten sind kostengünstiger und für Selbstzahler*innen zu empfehlen.

Impfung für MSM und Menschen mit HIV

Einige Organisationen empfehlen die Impfung für MSM und Menschen mit HIV. Diese Empfehlungen sind jedoch für die Kostenübernahme nicht bindend. Aber sie können der argumentativen Unterstützung dienen.

Menschen mit HIV:

  • Die Impfung wird von der Europäischen AIDS-Gesellschaft für alle Menschen mit HIV von 9 bis 45 Jahren empfohlen (EACS 2023) sowie als Sekundärprophylaxe auch bei schon aufgetretenen Zellveränderungen (Dysplasien).
  • In den im Bundesgesundheitsblatt veröffentlichten Anwendungshinweisen wird die HPV-Impfung für alle Menschen mit HIV aufgrund des erhöhten Analkarzinom-Risikos für sinnvoll erachtet (Ehl 2018).

MSM:

  • In England wird die Impfung großzügiger empfohlen. Public Health England empfiehlt die HPV-Impfung für MSM bis zum Alter von 45 Jahren (Public Health England 2023).

Antrag bei der Krankenkasse für MSM und Menschen mit HIV:

Die Deutsche AIDS-Gesellschaft (DAIG) spricht sich für eine Impfung beider Gruppen aus und gibt in einem Musterantrag an die Krankenkasse entsprechende argumentative Unterstützung (s. Links).