Weiblich.Posithiv.Online – ein digitaler Stammtisch für Frauen mit HIV
Durch die Corona-Pandemie mussten wir uns – zwangsweise und von heute auf morgen – auf neue Formen des Austausches einlassen. Manche Herausforderung war zu meistern, manche Nerverei (meine Kamera funktioniert nicht, mein W-LAN ist zu schwach) zu bewältigen. Gleichzeitig gab es vielerorts die Erfahrung, dass digitale Formate auch eine große Chance sein können. Neue Angebote wurden etabliert. Eines davon ist ein digitaler Stammtisch für HIV-positive Frauen. Johanna Verhoven von der Aidshilfe Bielefeld hat ihn ins Leben gerufen und Werner Bock wollte mehr darüber erfahren.
Wie kam es zur Idee, einen digitalen Stammtisch für HIV-positive Frauen zu organisieren?
Die Idee entstand bei einem bundesweiten Frauentreffen im Waldschlösschen. Ich hatte dort einen Workshop zum Thema Digitalisierung angeboten. Der Workshop war eine Einführung für Frauen, die noch nicht viel Erfahrung mit Angeboten wie Zoom hatten. Ich wollte herausfinden, welches Wissen die Teilnehmerinnen schon mitbringen und wo es noch Hürden zur Nutzung gibt.
Gleichzeitig ist die Situation so, dass es in vielen Aidshilfen zwar Treffen für Menschen mit HIV gibt, aber keine eigenen Gruppen für positive Frauen. Und wenn es solche Gruppen gibt, ist es für manche Frauen schwer, dort hinzukommen. Entweder weil sie nicht mobil sind, weil sie Kinder zuhause haben und sich nicht einen Abend oder einen Nachmittag frei machen können oder weil sie sich scheuen, in eine Aidshilfe zu gehen.
Beim Workshop im Waldschlösschen entstand dann die Idee, ein digitales Angebot zu schaffen. „Wir sind ja schon mal fünf Frauen“, sagten wir uns damals und nahmen uns vor, einmal monatlich einen Stammtisch im Netz anzubieten –und zwar selbstorganisiert. Der Schwerpunkt des Treffens sollte bewusst nicht auf inhaltlichen Aspekten liegen. Es geht explizit nicht darum, Themen bearbeiten zu müssen. Wir wollten einen Raum schaffen, wo man gerne hinkommt. Ein Raum zum Quatschen und Lachen, ein Raum, um andere Frauen kennenzulernen.
Wie wird das Angebot angenommen? Und von wem?
Wir treffen uns einmal monatlich am Mittwoch Abend. Pro Abend sind immer mindestens zehn Frauen dabei, auch immer wieder neue. Die Teilnehmerinnen kommen aus ganz Deutschland, auch und gerade Frauen, die nicht oder nicht eng an eine Aidshilfe vor Ort angebunden sind. Und es kommen Frauen jeglichen Alters.
Und wie läuft so ein digitaler Frauenstammtisch ab?
Interessierte Frauen melden sich per Mail bei mir an. Ich eröffne am entsprechenden Abend dann lediglich den Zoom-Raum und verschicke den Einladungslink. Wie es bei einem „richtigen“ Stammtisch auch ist, ergeben sich die Themen ganz von selbst. Für viele Frauen ist der Kontakt an sich schon toll – und dass die Teilnahme so niedrigschwellig ist. Sie müssen nicht abends irgendwohin fahren. Wenn man Zeit hat kommt man – oder nicht. Wir hatten schon Teilnehmerinnen, die mit Baby auf dem Sofa vor dem Laptop sitzen oder Frauen, die aus dem Krankenhaus am digitalen Stammtisch teilgenommen haben. Manchmal kommen auch Frauen, die noch nicht lange positiv sind. Da gibt es dann viele Fragen. Und es tut dann gut, wenn andere Teilnehmerinnen von ihren eigenen Erfahrungen erzählen.
Durch das digitale Angebot entstehen auch Kontakte vor Ort. Oder die Frauen fassen Mut und kommen zu einem Treffen vor Ort oder nehmen an den Positiven Begegnungen teil.
Wie finden Frauen Euer Angebot?
Zunächst mal haben wir Werbung über unsere internen Verteiler gemacht und Flyer an HIV-Schwerpunktpraxen verschickt. Außerdem haben wir alle Aidshilfen angeschrieben und auf das neue Angebot aufmerksam gemacht.
Werner Bock
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