quapsss – wie war’s?
Das DAH Chemsex-Projekt quapsss zieht Bilanz
Im Dezember 2021 ging nach über zwei turbulenten Jahren die reguläre Laufzeit des ChemSex-Projekts quapsss zu Ende. Das Projekt startete im April 2019 und hat trotz drei Corona-Wellen sehr innovative Ansätze zur Unterstützung von ChemSex-Usern und eine Vielfalt von Gruppenangeboten hervorgebracht.
Ein Beitrag aus HIV-Beratungaktuell 2022/1
Projektziele
{quapsss} steht für Qualitätsentwicklung in der Selbsthilfe für MSM, die psychoaktive Substanzen im sexuellen Setting konsumieren.
Ziel des Projektes war die Entwicklung, Erprobung und Evaluation eines Gruppenangebotes für ChemSex praktizierende Männer*. Die Gruppen sollten dazu beitragen, die Lebensumstände der Teilnehmer* zu verbessern.
Partizipation und Interdisziplinarität im Mittelpunkt
Das modellhafte Projekt wurde von der Deutschen Aidshilfe initiiert und mit der dankenswerten Unterstützung vieler Kooperationspartner*innen sowohl institutionell als auch auf fachlicher Ebene um-gesetzt. Es konnten quapsss-Gruppen in Berlin, Hamburg, Köln, Mün-chen und Frankfurt a.M. durchgeführt werden.
Das Fundament von quapsss war und bleibt ein partizipativer und interdisziplinärer Ansatz. Das bedeutet, dass von Anfang an (ehemalige) ChemSex praktizierende Männer*, abstinent lebende Männer*, Ärzt*innen, (klinische) Therapeut*innen, Sozialarbeiter*innen, Angehörige von bestehenden Selbsthilfegruppen, Aktivist*innen sowie regionale Aidshilfen/Drogenhilfeprojekte in den Entstehungs- und Umsetzungsprozess mit einbezogen wurden und den Prozess mit Rat und Tat begleitet haben.
Ein spezifischer Ansatz – der wirkt!
Zu berücksichtigen war, dass quapsss sich nicht nur an Interessierte richtete, die abstinent leben wollen oder bereits abstinent leben, sondern auch an Personen, die keine Abstinenz anstreben. Darum wurden unterschiedliche Gruppen mit den unterschiedlichen Zielsetzungen durchgeführt
Das Ergebnis ist ein dynamisches, teilgeleitetes Gruppenangebot mit sogenannten Kompetenzförderungsmodulen und Einflüssen aus der dialogischen Selbsthilfe. Die Idee hinter den Kompetenzförderungsmodulen stammt aus der Beratungs- und Betreuungsarbeit von ChemSex praktizierenden Männern*. Hier fiel auf, dass die Themen Soziales, Sexualität, Substanzkonsum, Körperwahrnehmung und Selbstbestimmung/Scham einen zentralen Stellenwert einnehmen. Die Reflexion und Stärkung dieser Lebensbereiche sowie der Austausch in der Gruppe hat eine Schlüsselfunktion zur Erreichung der individuellen Ziele der Teilnehmer* eingenommen.
quapsss – ein wichtiger Baustein im Hilfesystem
Die Evaluation war umfassend und hat in den 12 Monaten der Durchführungsphasen mit einem qualitativen und quantitativen Methodenmix gearbeitet. Die Ergebnisse sind eindeutig: quapsss wirkt!
„[D]as war eine Stütze, eine Stütze, da auf dem Kurs zu bleiben und dann immer punktuell mich mit diesem Thema auch wieder auseinanderzusetzen, dass es nicht in Vergessenheit gerät, weil ich glaube, das ist eine der Gefahren, wenn man so dabei ist, die Abhängigkeit zu überwinden, zu sagen: »Jetzt ist alles gut, ich bin ja nicht mehr betroffen, das sind ja die anderen.« Und das holt einen dann so ein bisschen wieder in die Realität zurück, dass man merkt, okay, da gibt es immer noch Ecken, die es wert sind, sich anzugucken.“
anonym – Teilnehmer* einer quapsss-Gruppe
Die meisten Teilnehmer* haben neben quapsss auch noch andere Unterstützung, wie z.B. eine Psycho- oder Sexualtherapie, in Anspruch genommen und haben die quapsss-Gruppen als eine wertvolle Unter-stützung empfunden. Aus den Daten der Evaluation lässt sich schlussfolgern, dass der vom Projekt verfolgte Ansatz der Selbsthilfe – gestützt durch therapeutische Impulse für MSM*, die ChemSex praktizieren – geeignet und wirksam ist.
Die Erkenntnisse aus der Evaluation wurden zur Weiterentwicklung des Ansatzes und des quapsss-Handbuchs genutzt.
Und nun?
Das vom Bundesministerium für Gesundheit finanzierte Projekt ist abgeschlossen. Die Idee und die Gruppen leben weiter.
Ab Sommer 2022 kann bei der Deutschen Aidshilfe die Fortbildung zum quapsss-Trainer* gemacht werden. Dazu gehören drei Ausbildungswochenenden.
Wer vorher schon neugierig ist und sich einlesen oder inspirieren lassen möchte, kann sich in den kommenden Wochen das quapsss-Handbuch zur Anleitung von Gruppen bei der Deutschen Aidshilfe bestellen oder downloaden.
Urs Gamsavar
Quapsss Trainer*ausbildung:
Quapsss Handbuch zum Download und zur Bestellung im DAH-Shop:
https://www.aidshilfe.de/shop Bestellnummer 111003
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